#90 - “Geht einfach segeln und habt Spaß!“

Interview mit Oxley-Chef Sven Mohr

Instinktiv würden die meisten Segler, wenn es um die Frage geht, welche Segel für eine Leichtwind-Situation an Bord einer Yacht gehören, den Gennaker nennen. Manch einer würde dann noch den Code 0 für die Amwind-Kurse kleiner 90 Grad hinzuzählen und die Puristen schwören auf den guten alten Spinnaker. Ich selbst habe schon recht früh meine eigenen Erfahrungen mit den selbst-stabilisierenden OXLEY-Segeln als Skipper sammeln können und habe den Vertrieb dieser „Wing Sails“ nicht umsonst bei BLUE YACHTING integriert: Viele meiner Kunden sind auf ihren Reisen mit einem OXLEY unterwegs und berichten alle dasselbe: Einfach zu bedienen, stabil und leistungsfähig ist es auch.

Viele meiner Kunden segeln einen OXLEY

Um Ihnen diese Art des Segels und des Segelns näher zu bringen, habe ich mit dem Chef von OXLEY, Sven Mohr, gesprochen und ihm die Top-Fragen gestellt, die Sie in Beratungsgesprächen auch immer an mich herantragen. „Ist das OXLEY tatsächlich das perfekte Leichtwindsegel für den Blauwasser-Einsatz?“ Finden wir es heraus …

Komfortables Fahrtensegeln und schnelle Lang-Schläge neu gedacht

Wenn Sven nur einen Satz hätte, um OXLEY zu beschreiben, was wäre dieser? „Im OXLEY steckt unheimlich viel Know-How und Entwicklungsarbeit für den Flügel, damit das Fahrtensegeln für die kleine Crew so sicher und komfortabel wie möglich gestaltet werden kann.“ Über den markanten Flügel sprechen wir später noch, vorher möchte ich von Sven wissen, was das OXLEY-Segel sehr gut, oder sogar besser noch kann, als Gennaker & Co: „Letztlich sieht das OXLEY aus wie ein Spi, ist aber deutlich flacher geschnitten – nämlich wie ein Gennaker. Das ist am Ende auch der Trick, wie Ralph Grösel, der Entwickler, das Segel überhaupt zum Funktionieren gebracht hat.“ Sven erklärt weiter, dass das OXLEY damit mehr Windrichtungen abdeckt, als der Gennaker und sogar platt vor dem Wind, also 180 Grad, wie ein Spi gefahren werden kann – und dabei auch bis deutlich unter 60 Grad AWA an den Wind heran kommt. Man spart sich als tatsächlich Gennaker und Code 0, wenn man so will!

Das Geheimnis ist der weite Schnitt oben

„Hinzu kommt, dass vor allem unser OXLEY Levante im oberen Bereich des Segels sehr viel Segelfläche hat. Bekanntlich geht ja oben am Mast die Musik ab – damit springt also das Segel schon bei extrem wenig Wind an, nämlich ab 2 Knoten Wind am Segel!“ Das ist beeindruckend, zumal viele Weltumsegler die Barfußroute wählen, wo es oft zu Flauten kommen kann. Dann ein Segel zu haben, das schon bei so wenig Wind die Yacht in Bewegung versetzt, hat Vorteile – denn so bleibt der Motor viel länger aus, wo andere schon längst ihre halben Tanks verbrannt haben. Doch wie sieht es mit dem „Geheimnis“ des OXLEY aus, dem Flügel?

Stabilität, Spreizung und Auftrieb: Der Flügel im OXLEY bringts!

Die Idee, einen Flügel in ein Segel zu integrieren, ist nicht neu. Es war das Genie von Ralph Grösel, das diese Idee im wahrsten Sinne des Wortes „zum fliegen“ brachte, denn erst seine Ingenieurskunst machte aus der Theorie funktionierende Praxis. Ralph gründete seine eigene Firma, um nach Patent-Auslauf das Prinzip noch weiter zu verfeinern und zu verbessern. Im Zentrum steht der Flügel, der in Wahrheit ein echter Gleitschirm ist – Ralph Grösel ist ursprünglich Gleitschirm-Flieger und einer der erfolgreichsten und aktivsten Gleitschirm- und Kite-Designer der Welt, u.A. war er über 10 Jahre Chef-Designer beim North Sails Kite-Ableger …

Ein echter Gleitschirm - integriert in das OXLEY Bora

Sven sagt: „Letztlich sorgt der Flügel – also der Gleitschirm – durch seine Spreizende Wirkung für die Stabilisierung der Lieken des Segels schon bei wenig Wind. Etwa wie eine Segellatte. Durch den Auftrieb des Flügels wird das Segel buchstäblich „oben“ gehalten, womit es grundsätzlich ruhig und stabil steht. Bei Böen funktioniert der Flügel und das „Loch“ im Segel im Prinzip wie ein Überdruckventil: Überschüssige Energie entweicht einfach.“ Mehr noch: Sven erklärt, dass bei einer Bö das Plus an Windenergie sofort immer auch ein Plus an Flügelauftrieb erzeugt. Diese Kraft wirkt genau entgegen der Kraft, die das Boot zum Krängen bringen will – und hebt diese weitgehend auf. „Es ist wirklich erstaunlich, wie das Segel Böen einfach wegpolieren kann!“, meint Sven.

Robust und lange haltbar: Die Fertigungsqualität eines OXLEY-Segels

Grundsätzlich werden die OXLEY-Segel wie heute fast alle Segel weltweit auch im Segelmacher-Mekka auf Sri Lanka bei dem zertifizierten Spezialunternehmen Aqua Dynamics gefertigt, erklärt Sven. „Wir verwenden ein 44-Gramm-Nylon, das besonders reißfest und auch UV-stabil ist. By the way: Das ist auch die meiste Energie, die heutzutage von der Entwicklungsabteilung und Ralph Grösel in die Weiterentwicklung gesteckt wird: Ich kenne ehrlich gesagt keinen Entwickler, der so viel Energie in die Materialforschung steckt und sich so mit Herstellern battled, wie Ralph!“ Der echte Kniff und der Unterschied, den ein OXLEY macht, liegt auch zum großen Teil hier, in der Produktion, erklärt Sven.

"Know how wie kein anderer Segelhersteller!"

„Aqua Dynamics ist einer der größten Kite-Hersteller der Welt. Insgesamt arbeiten in dieser deutschen Firma um die 1.500 Personen auf Sri Lanka und die Produktion kann als eine der fortschrittlichsten und modernsten bezeichnet werden.“ Der eigentliche Trick beim Oxley ist aber eine – etwas kleinere – Teilfirma von Aqua Dynamics, verrät er: „Aero Dynamics ist spezialisiert auf die Herstellung von hoch anspruchsvollen Gleitschirmen im High-Tech-Bereich. Und hier werden eben auch unsere Flügel für das OXLEY hergestellt. In einem Haus, wenn man so will, aber was den Unterschied macht ist eben das unheimliche Know-how der Jungs beim Fallschirm-Bau. Das brauchst Du eben, damit ein Wing-Sail wie das OXLEY auch wirklich funktioniert. Und auf Dauer hält!“ Gleitschirmherstellung ist beiweitem nicht einfach – Sven zumindest ist kein Segelmacher oder Segelhersteller bekannt, der einen Gleitschirm so bauen könnte.

Entwicklung und Produktion: Nur vom Feinsten!

Sie sehen also: Qualität und Know-how, Forschung und Weiterentwicklung sind bei OXLEY Programm. Bei der Wahl der produzierenden Hersteller hat man sich explizit für eine Premium-Produktion entschieden. Aqua Dynamics bietet lokal hohe Löhne und hat sogar in der langen Schließzeit während Corona nicht nur niemanden entlassen, sondern alle Löhne ohne Abzug weitergezahlt. Eine Arbeitsweise, die durch hohe Mitarbeiterloyalität und maximale Handwerkskunst belohnt wird. OXLEY ist sicher kein billiges Segel: „Es soll ja auch das beste Segel sein, kein Schnäppchen!“, sagt Sven.

Bora oder Levante: Welches OXLEY eignet sich für was?

Wenn Sie auf die OXLEY-Website gehen können Sie zwischen zwei Produkten wählen. Doch ist für Sie das Bora besser geeignet oder das Levante? Wir fragen Sven, wie sich beide Segel unterscheiden: „Das Bora ist das beste Böen-dämpfende Segel am Markt, weil der Flügel ein echter Gleitschirm ist, der enorm viel Auftrieb generiert. Der Flügel ist so eingebaut, dass er den Winkel eines Gleitschirmes im Landeanflug hat. Anders als beim Spi, wo jede Bö zunächst sofort in Fahrt umgewandelt werden will, generiert diese hier zunächst Auftrieb – und damit Stabilität und Gegenkraft zur Krängungstendenz der Yacht.“ Damit wird das Rigg merklich entlastet, es zieht weniger Kraft am Masttopp.

Ein OXLEY Bora in Aktion - hoch am Wind!

Die „üblichen Verdächtigen“ sieht Sven bei den extrem breiten Serienyachten wie Dufour, Jeanneau & Co, die eher eine „Bügeleisenform“ haben: In Böen wird dann oft das Heck „angehoben“ und der Bug ins Wasser gedrückt, die Yachten reagieren mit einer kaum zu bremsenden Luvgierigkeit und brechen aus. Aber auch ausgewiesene Langfahrtyachten – wie unsere ALLURES oder GARCIA – profitieren vom fast stoischen Geradeauslauf des OXLEY Bora, da das Segel sehr viel weniger den Autopiloten belastet, weil es so stabil und ruhig steht und Böen „ausbalanciert“. Anders das Levante …

Das OXLEY Levante im Vordergrund

Zunächst ist der Flügel im Levante kein echter Gleitschirm, sondern eindimensional ausgelegt. Er wirkt auch stabilisierend, Liek-spreizend und Krängungs-dämpfend, aber in abgeschwächter Form. Der echte Unterschied und Vorteil des Levante besteht laut Sven darin, dass „das Segel so leicht ist, dass es schon bei superwenig Wind – besagten 2 Knoten – stabil steht, anspringt und die Yacht voran bringt.“ Und das eben deutlich bevor selbst der leichteste Gennaker anspringt, versichert Sven. Damit eignet sich das Levante also vor allem für Segler, die in ausgeprägten Schwachwind-Revieren unterwegs sein wollen. Besonders gut funktionieren OXLEY Levante-Segel übrigens bei Fahrtenkats, die oftmals untertakelt und schwer, aber eben in gutem Wetter vor dem Wind, unterwegs sind.

Welches OXLEY passt zu Ihrer Yacht?

Welches empfehlen wir Ihnen also? Fahrtensegler, die lange Schläge segeln und auch in „ruppigeren“ Revieren unterwegs sind, sollten das Bora wählen. Für die sommerlichen Törns bei wenig Wind, aber auch die Weltumrundung auf der „Coconut Route“ und natürlich auf einem Kat würden wir das Oxley Levante als tollen Allrounder sehen und empfehlen. Sven segelt selbst eine Dufour: „Das ist so ein Urlaubsboot in Bügeleisenform. Da ich aber nur von Tapas Bar zu Tapas Bar segle, also ruhige Tagestörns fahre, ist das Levante aufgrund seiner einfachen Handhabung perfekt für mich persönlich“, erzählt er.

Ist die Bedienung eines OXLEY nicht kompliziert?

Ein klares: „Nein!“, sagt Sven. „Im Wesentlichen haben wir hier, wie bei jedem anderen Segel auch, ein Fall um das OXLEY zu setzen sowie eine Lee- und eine Luvschot. Soweit so gut. Was neu ist bei unserem Segel ist der Fakt, dass die Luvschot beim OXLEY über einen Block am Bug gefahren wird. Warum? Weil wir natürlich wollen, dass der Auftrieb im Flügel ins Boot eingeleitet und nicht verpuffen soll“, erklärt er. Dieses Setup muss man dann natürlich zweimal haben, um bei einer Halse das Segel weiternutzen zu können. Daran muss man sich anfangs etwas gewöhnen: Sven versichert aber, dass die Lernkurve extrem schnell und steil ist beim OXLEY.

Bedienung & Trimm des OXLEY hat man schnell erlernt

Sven meint, dass das alles kein Hexenwerk ist – und ich kann das von meinen eigenen OXLEY-Erfahrungen nur bestätigen. Klarer wird das, wenn man sich die Verkaufszahlen anschaut. Sven sagt, dass seit 2019 mit OXLEY-Gründung pro Jahr über 200 Segel international verkauft werden und auf allen Weltmeeren unterwegs sind, was mittlerweile eine ziemlich beeindruckende Flotte sein dürfte. Das die YACHT in ihrer 100-Jahre Jubiläumsausgabe das Wing-Prinzip als eine der bahnbrechendsten Erfindungen des Yachtsports der letzten 100 Jahre ehrt, sei hier nur am Rande erwähnt.

Sie möchten ein OXLEY selbst testen und ausprobieren? Kein Problem.

Wenn Sie ein OXLEY mal selbst live und in Action sehen wollen, können das Interessierte direkt mit Sven Mohr auf seiner Dufour auf Mallorca tun: Melden Sie sich einfach an und machen Sie einen Termin. OXLEY spart sich die teuren Bootsmessen, ist aber auf den gängigen Boat Shows immer wieder durch Fachhändler vertreten: So wie BLUE YACHTING!

Damit gelingt jedes Manöver: OXLEY Bergeschlauch

Wir werden zwar kein lebensechtes OXLEY dabei haben, aber schönes Anschauungsmaterial wie Stoffproben und vor allem, den genialen Snuffer (Segelstrumpf), den es nur so bei OXLEY geht: Denn anders als Konkurrenzprodukte ist unser Trichter aufblasbar und passt deshalb bequem durch die Luken der Segellast, während die starren Kollegen das nicht können. Also: Ich würde mich sehr freuen, wenn wir bei der Beratung für Ihre nächste Blauwasseryacht demnächst auch über das perfekte Langfahrtsegel sprechen – ich freue mich auf Sie am Stand in Düsseldorf!