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#48 - Berühmte Seglerbar in Brest

Auf dem Gelände der Marina Moulin Blanc in Brest, mit bestem Blick über den Hafen und die Rade de Brest dahinter, befindet sich die legendäre Bar „Le Tour du Monde“. Vor 30 Jahren wurde sie eher aus Versehen gegründet und ist noch immer so belebt und beliebt wie am ersten Tag. Das mag an der fantastischen Lage liegen, mit großen Terrassen zum Wasser hin, wo man den Sundowner beim Sonnenuntergang bestens genießen kann, oder an den frischen und leckeren Muscheln, die hier serviert werden. Oder aber an der Genesis dieses Ladens, denn der Name „Tour du Monde“ – Weltumsegelung – hat seine besondere Bedeutung.

Und das nicht nur, weil sich hier in Brest, an strategischer Lage, viele Langfahrt- und Weltumsegler treffen und sich in der Bar unter die vielen anderen Besucher aus der Umgebung mischen. Die Welt umsegeln, immer auf Rekordjagd, das war Jahrelang die Passion und Besessenheit von Olivier de Kersauson. In Frankreich ist er, mittlerweile 80 Jahre alt, eine Legende. Berühmt als Segler mit etlichen Hochsee-Rekorden, bekannt als unterhaltsamer TV- und Radiomoderator und als Autor verschiedener Bücher über die See – und ganz nebenbei eben auch erfolgreich als Gastronom. Als Segler stellte er 1989 einen Rekord der „Tour du Monde en solitaire“ (Einhand-Nonstop-Weltumsegelung) auf, mit einem 23-Meter Trimaran in 125 Tagen, 19 Stunden und 32 Minuten. 1997 gewann er auf dem 27-Meter Trimaran Sport-èlec die Jules Verne Trophy in 71 Tagen, 14 Stunden und 22 Minuten und 2004 noch einmal, mit der legendären Geronimo, in 63 Tagen, 13 Stunden und 59 Minuten. Weniger bekannt sind seine Erfolge bei der »Transpac« von Los Angeles nach Honolulu (in vier Tagen, 19 Stunden und 31 Minuten) oder sein Rekord auf der knapp 4500 Seemeilen langen Strecke von San Francisco nach Yokohama (14 Tage, 22 Stunden und 40 Minuten) sowie einige Wochen später auf derselben Strecke zurück in 13 Tagen, 22 Stunden und 38 Minuten.

 Der Trimaran Geronimo, 2004 auf der Ziellinie vor Brest beim Gewinnen der Jules Verne Trophy für den Nonstop-Rekord um die Welt

Die Erfolgsgeschichte der Bar begann, als Olivier 1982 ein Büro und eine Basis für sein Segelteam in Brest suchte. Er hatte seine Boote immer in Brest liegen und sich für die Stadt als Start- und Zielhafen für Rekordversuche stark gemacht. In der Marina Moulin Blanc gab es damals eine verlassene Bar direkt an der Pier, diese wurde ihm als Basis für sein Team angeboten. Zwei Jahre später, nach einem Rekordversuch, der mit einem Schiffbruch südlich von Südafrika endete, teilte ihm die Stadt mit, er müsse die Bar räumen: diese solle einen neuen Pächter bekommen. „Er hatte gerade seinen Sponsor verloren, lebte extrem einfach in einem kleinen Apartment und brauchte diesen Raum dringend“, erklärt Fabrice Gieules. Er lernte Olivier durch einen dessen Crewmitglieder kennen. Als Olivier sich dazu entschlossen hatte, die Bar selber zu betreiben nur um seine Basis am Hafen zu erhalten, stellte er Fabrice folgende Fragen: Weißt du etwas über Bars? Nein, antwortete Fabrice, nur als Kunde. Und über Brest? Nein, sagte Fabrice wieder, ich komme aus Paris. Und über das Segeln? Definitiv nichts, gestand Fabrice. „Nun“, meinte Olivier daraufhin, „ich glaube du bist der Mann der Stunde, um diese Bar zu betreiben!“

Dies war der Beginn einer bemerkenswerten Erfolgsgeschichte. Der Laden brummt, Abend für Abend, an 356 Tagen im Jahr. Und das trotz der sehr übersichtlichen Speisekarte. Es gibt dort Moules Frites, und zwar in den Varianten Marinieres, à la Crème oder au Curry. Sowie seit einiger Zeit auch Fish & Chips. C’est tout.

 

„Wir wollten damals keinen Koch einstellen, aber mussten laut Pachtvertrag etwas zu essen anbieten“, erklärt Fabrice. „Was also kann man leckeres kochen, ohne kochen zu können? Muscheln!“ Zwei Monate hatten Olivier, seine Mitsegler und Fabrice über das Konzept der neuen Bar gebrütet. „Wir wollten eine Bar, in der wir selber gerne etwas trinken würden. Mit langen Tischen, an denen man zusammensitzt. Der wichtigste und schönste Raum war jedoch das Büro für das Segelteam“, erklärt Fabrice. Dann bekam Olivier einen neuen Sponsor. „Plötzlich waren sie alle weg: segeln. Und ich war alleine mit der Bar“, erinnert Fabrice sich. Olivier war damals bereits bekannt aus dem Radio und TV und habe zu ihm gesagt: „Ich muss im TV den Clown spielen um Geld für meine Boote zu verdienen, aber ich werde es gewiss nicht tun, um für eine Bar zu bezahlen. Du musst also die Miete selber verdienen. Mehr auch nicht!“

 

Dann wurde die Bar erfolgreich, weitere Ableger beispielsweise in Lorient eröffnet: Eine am Hafen von Kernevel in Larmour Plage, eine weitere in „La Base“, direkt neben dem bekannten „Musée Eric Tabarly“. Zwei Jahre, habe Fabrice damals gesagt, werde er in der Bretagne bleiben. Das war vor 30 Jahren...

Der Patron jedoch lässt sich kaum noch hier sehen. Olivier de Kersauson, Spross alten bretonischen Adels aus einer der bedeutenden Familien französischer Marinegeschichte, hat zwar seit vielen Jahren ein kleines Schloss in der Bretagne, lebt aber seit längerem schon auf Tahiti. Nach Brest kommt er noch ein- oder zweimal im Jahr.

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